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Professionelle Welpentests

Es gibt einige Hundetrainer die „professionelle“ Welpentests für Züchter oder Welpenkäufer anbieten. Dabei wird im Alter von etwa sechs Wochen ein Test an den Welpen eines Wurfes durchgeführt. Dieser Test soll Aussagen über den zu erwartenden Charakter des Hundes geben. Wir möchten uns heute mit der Sinnhaftigkeit dieser Welpentests auseinandersetzen.


Alleine das Alter, in dem die Welpen getestet werden, ist fraglich. Übertragen auf dem Menschen sind Welpen im Alter von 6 Wochen vergleichbar mit einem zwei bis dreijährigen Kleinkind. Hier eine Prognose stellen zu wollen, über seine künftigen, zu erwartenden schulischen Leistungen, seinen Fleiß, seine Führungsqualitäten oder seine Intelligenz ist wie Kaffeesatzleserei. Das Verhalten der Welpen ist oft Tagesform abhängig. Mal ist der eine Welpe neugierig und aufgeweckt, mal der andere. Daher sind kurze Tests nicht aussagekräftig. Es bestreitet niemand, dass man schon im frühen Welpenalter Ansätze von gewissen Grundcharakteren erkennen kann. Aber dafür muss man sie schon etwas länger beobachten und kennen können. Vor allem auch über längere Zeiträume und in unterschiedlichsten tagtäglichen Situationen. Auch im Umgang mit ihren Geschwistern.


Nun möchten wir aber drei Situationen betrachten, die in fast allen Welpentests durchgeführt werden:
Einmal ist es oftmals gängig, dass ein Welpe mit einem fremden Menschen in einen ihm fremden Raum gebracht wird. Der Fremde sieht sich nun an wie der Welpe den Raum erkundet. Außerdem streichelt er ihn und lockt ihn zu sich. Ein erkundungsfreudiger Welpe schneidet bei diesem Teil des Testes gut ab. Doch das bedeutet nicht, dass er eine Woche später noch genauso abschneiden würde und schon gar nicht, dass er mit fünf Monaten in einem Einkaufszentrum absolut gelassen bleiben wird. Wie bereits oben erwähnt, ist gerade das Erkundungsverhalten tagesformabhängig.


Ein weiterer Bestandteil in den gängigen Welpentests ist es, einen Welpen auf den Rücken zu rollen und ihn so festzuhalten. Viele Trainer wollen dadurch herausfinden ob der Welpe „dominant“ ist oder wie bereitwillig er sich „unterwerfen“ lässt. Abgesehen davon, dass das Wort Dominanz in vielen Köpfen noch eine sehr veraltete Bedeutung hat, zeigt er keineswegs wie gut der Welpe sozialisiert ist. Die Sozialisierung fängt für den Welpen gerade erst an. Im besten Fall hat der Welpe gelernt eine solche Manipulation durch Menschenhand zu ertragen. Im schlechtesten Fall hat er damit noch gar keine Erfahrung, wehrt sich stark und hat seine erste schlechte Erfahrung mit der fremden Menschenhand erlebt. Und das mitten in der (sogenannten) Prägephase.


Den letzten Bestandteil, den wir betrachten möchten, ist der Test auf optische Reize. Bei diesen Tests wird der Welpe mit einem unbekannten Gegenstand konfrontiert. Wenn er den Gegenstand neugierig begutachtet, bepfötelt oder ins Maul nimmt, wird das positiv gewertet. Wenn er nur herumsitzt und schaut, wird das negativ bewertet. Dabei ist das eine einfache Typ Sache. Es gibt A-Typen und B-Typen. Auch bei uns Menschen. A-Typen sind leicht zu begeistern und temperamentvoll. B-Typen beschauen die Dinge aus der Distanz und gehen Konflikten gerne aus dem Weg. Diese Grundcharaktere kann man tatsächlich schon sehr früh identifizieren. Jedoch selbst hier muss man bedenken: Welpen entwickeln sich individuell und jeder Welpe braucht seine eigene Zeit.


Wir haben für uns das Resümee gezogen: Ein guter, erfahrener Züchter oder ein informierter Welpenkäufer kann die Grundcharaktere (A/B-Typ) auch selbst herausfinden. Dafür braucht man keinen extra durchgeführten „professionellen“ Welpentest. Ein schlecht gemachter Welpentest kann den Welpen sogar im schlechtesten Fall schädigen. Zudem sind die Tests für ein genaues Ergebnis unbrauchbar, weil sie nur eine Momentaufnahme sind und der Welpe sich noch stark verändert. Auch die Prägephase sowie die Erziehung spielt in der Entwicklung des Welpen eine große Rolle.


Ein interessierter, informierter Hundehalter kann aus einem zurückhaltenden Welpen einen Überflieger machen. Ein desinteressierter Hundehalter, der die Erziehung nicht Ernst nimmt kann aus einem vielversprechenden, neugierigen Welpen ein unerzogenes Monster werden lassen.
Es liegt so gut wie immer nicht am Hund, sondern am anderen Ende der Leine.
Alles Gute wünscht euch: flatcoated-zuechter.de